13 kleine Friesenmorde by Theodor J. Reisdorf

13 kleine Friesenmorde by Theodor J. Reisdorf

Autor:Theodor J. Reisdorf
Die sprache: deu
Format: mobi
Herausgeber: luebbe digital
veröffentlicht: 2012-09-27T19:24:40+00:00


Die Männer spürten die Kälte nicht, zu tief saß der Schock über den Fund des unglücklichen Mädchens, das die Beine etwas angewinkelt an die Stahlplatte lehnte. Ihr Oberkörper war seitlich abgedreht, das lange schwarze Haar lag zottelig verteilt über der Schulterpartie und reichte bis zum Boden.

Kapitän Petersen erschien. Seine Besatzungsmitglieder machten ihm Platz. Er bückte sich und betrachtete das Mädchen.

»Da kommt jede Hilfe zu spät. Verdammt! Und das auf meinem Schiff!«, fluchte er, dabei wurde ihm bewusst, dass er jetzt für alle weiteren Schritte die Verantwortung trug, bis die Polizei in Aktion treten konnte.

Dr. Mann und sein Sanitätsoffizier Malzer brachten eine Trage. Malzer setzte die Medizintasche auf den Boden. Der Schiffsarzt streifte gelassen Gummihandschuhe über seine Hände.

Die schweren schwarzen Wolken des Islandtiefs, das jetzt über dem Skagerrak wütete, verdunkelten den frühen Morgen.

Sanitätsoffizier Malzer hielt den Taschenscheinwerfer. Die Szene war gespenstisch. Regen tropfte vom Sonnendeck, während Dr. Mann mit vorsichtigen Griffen den Mädchenkopf aus dem Futter der Jacke hob.

Das Gesicht war bleich. Die im Strahl der Taschenlampe reflektierenden Kulleraugen stierten geradeaus. Der Mund, nur die Lippen zeigten noch etwas Farbe, war geöffnet vom letzten Atemzug.

»Die ist umgebracht worden!«, brummte der Arzt. Er erhob sich und sagte zu Kapitän Petersen: »Hat jemand unserer Leute einen Fotoapparat mit Blitzlicht? Ich hätte gern, dass sie so fotografiert wird, wie wir sie hier fanden.«

Kapitän Petersen war dankbar, denn sein Arzt wies ihm die Richtung.

Der Funkoffizier, ein leidenschaftlicher Amateurfotograf, der schon Seemotive in einem Kalender veröffentlicht hatte, eilte davon.

Kapitän Petersen rief dem III. Offizier zu: »Holen Sie ein Stück Kreide aus dem Schulungsraum!«

Dann entließ er seine Suchmannschaft mit den Worten: »Meine Herren! Ich verlange absolutes Schweigen! Auch keine Tuscheleien mit den übrigen Besatzungsmitgliedern! Wir wissen nicht, wie unsere Filipinos reagieren, wenn sie mit einer ermordeten Frau reisen.«

Der Funker schoss die Bilder. Er umschlich die Leiche und ließ keine Ecke aus.

»Herr Kapitän, ich entwickle die Bilder selbst!«, sagte er stolz, als er sich auf den Weg zu seiner Funkkabine begab.

Kapitän Petersen umfuhr mit Kreide die Umrisse, die das Mädchen auf dem Boden bildete. Aber die nassen Stahlplatten nahmen die weiche Kreide nicht auf. Er drückte ein Punktraster ein und hoffte, damit der Polizei einen Dienst zu erweisen.

»Vorsichtig!«, rief Dr. Mann, als sie die Tote auf die Trage legten.

Der III. Offizier ging voraus und vertrieb einige Neugierige. Sie trugen Iris Melchior zur Sanitätsstation. Petersen suchte den Boden ab. Seine Bemühungen blieben nicht ohne Erfolg. Er hob mit einem Taschentuch eine leere Cola-Dose auf und sammelte einige Zigarettenkippen ein, die aufgeweicht in der Regenrinne lagen. Danach ließ er die Eingangstür zum A-Deck schließen und die windgeschützte Veranda unterhalb des Sonnendecks mit Seilen absperren. Es gelang ihnen, die tote Iris Melchior ohne nennenswerte Störungen durch Passagiere in die Krankenstation zu bringen.



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